Narzissmus
Du hast ein Herz und ich einen Schlüssel
Lehne dich zurück und lass mich dich befreien
Diese Ungläubigen, mit denen du unten am Meer abhängtst
Alles, was sie tun wollen, ist, dich zu entmutigen
Ich kenne einen Fluss, wo wir träumen können
Er wird anschwellen, die Ufer sprengen,
Baby, und dich erschüttern
Aber wenn du mit den Kannibalen speisen willst
Früher oder später, Liebling, wirst du gefressen
Aber ich bin froh, dass du da bist
hier mit deinen Tieren
Und dein Herz, das verletzt, aber ungeschlagen ist
Und schlägt wie eine Trommel
Ich werde wie ein Vogel auf einem Zaun sitzen
Singe deine Lieder mit einem glücklichen Ende
stürze nach unten und sage dir, dass es keinen Sinn macht
Um genau das anzugreifen, was du verteidigst
Habe ich nicht gerade das Kleid für dich gekauft?
Die rosa Papierschürze, die du immer wieder flickst
Nun, wenn du mit den Kannibalen speisen willst
Früher oder später, Liebling, wirst du gefressen
Aber ich bin froh, dass du da bist
hier mit deinen Tieren
Und dein Herz, das klopft und schlägt
Und schlägt wie ein Gong
Ich kann sehen, dass sie dich verletzt haben, meine Liebe
Hier ist etwas Mondlicht, um uns zu verbergen
Und ich werde dich hier nie im Stich lassen
Unbeeinflusst von den Krokussen
Erlaube mir, meine Liebe, deine Angst zu zerstreuen
Während ich schwimme, in und außerhalb deines Fokus
Aber wenn du mit den Kannibalen speisen willst
Früher oder später, Liebling, wirst du gefressen
Aber ich bin froh, dass du da bist
hier mit deinen Tieren
Und dein Herz, das verletzt ist, aber blutet
Und blutend wie ein Lamm
Schlägt wie ein Gong
Schlägt wie eine Trommel
(Songtext Nick Cave, Cannibal’s Hymn)
Du und der Narzisst oder die Narzisstin
Wenn du ein Entwicklungstrauma erfahren hast und eine dependente Persönlichkeit entwickelt hast, ist es wahrscheinlich, das du früher oder später an einen/eine Narzisst/in gerätst, oder vielleicht schon einige narzisstische Beziehungen hattest, es aber nicht wahrgenommen hast. Auch werden wahrscheinlich einige deiner Freunde Narzissten sein.
Warum ist das so? Der Narzissmus und die dependente Persönlichkeit sind gewissermaßen 2 Seiten einer Medallie. Link: Die Abwehr traumatischer Erlebnisse
Dein Schema wird in der Regel darauf beruhen, etwas für andere zu tun, zu helfen, dich nützlich zu machen.
Ganz im Gegensatz zum Narzissten: Sein Schema ist es, andere für sich einzuspannen, für seine Bedürfnisse nützlich zu machen, Gefühle und Emotionen zu saugen, die er oder sie nicht hat….
Dir fällt auf, das diese beiden Schemata eigentlich wunderbar zusammenpassen? Deshalb gibt es eine Affinität, eine Anziehung. Dein Narzisst wird dich in der Anfangsphase genau darauf testen, ob du für ihn oder sie kompatibel bist. Ein unbeschädigter Mensch wird früher oder etwas später merken, das hier etwas nicht stimmt. Du nicht. Für dich ist es der Himmel auf Erden: Ein Mensch der dich genau so versteht, wie du bist, wer du bist, was du brauchst! Aber es ist nur eine Maske, dein Spiegelbild, was dein Narzisst erfasst hat und dir vorhält. Du siehst dich selber in ihm. Nur ein böser Trick, aber du wirst ihn glauben, und später wenn sich dieser Spiegel wandelt, wenn du nur noch Kritik, Abwertung und Hass siehst, wirst du immer noch dich selbst sehen…. du bist in der narzisstischen Falle gefangen.
Dein Narzisst hat angefangen mit deinen Defiziten und Verletzungen zu spielen, aber du denkst immer noch, das alles gut werden wird, er/sie weiß doch wer du bist, und ist doch wie du??!!
Spätestens hier müßtest du aussteigen, aber es ist längst zu spät. Er oder sie hat dich genau da, wo du sein sollst: In deinen Traumatas. Du bist das Opfer eines Menschen geworden, der dich aussaugt, eines Kannibalen, eines Vampirs. Er oder sie wird keine Skrupel haben, dein Blut bis zu deinem Tod auszusaugen. Das hört sich jetzt recht dramatisch an? Ich habe 2,5 Jahre eine Selbsthilfegruppe für Opfer von Narzissten geleitet und viele Menschen kennengelernt, die in stationärer Therapie gelandet sind, die nur noch ein Schatten ihrer selbst waren.
Und doch sind viele dieser Menschen nicht den Weg der Erkenntnis gegangen, die Wahrnehmung dessen was sie da für einen Menschen in ihrem Leben hatten oder immer noch haben, was der Grund dafür ist, warum sie auf so ein Wesen reingefallen sind. Diese Erkenntnis ist einfach zu hart für viele Menschen, und es ist eine harte Erkenntnis. Es ist das Erkennen des puren Bösen. Das schreckt zurück, wir wollen uns nicht der Erkenntnis aussetzen, den Feind in unserem Bett gehabt zu haben, vielmehr… einen Vampir, der nur mit uns zusammen war, um unsere Energie zu trinken. Wie können wir uns so sehr geirrt haben?
Die Aufschlüsselung dessen, was ich hier als „das Böse“ bezeichne, könnt ihr weiter unten in diesem Beitrag lesen. Das Böse ist nichts des Teufels, es ist das Resultat mangelnder Leibe in der Kindheit, Vernachlässigung und Missbrauch. Nichts desto weniger ist es das, was wir in unserer Gesellschaft als „böse“ bezeichnen. Kein Mensch wird böse geboren, wir werden dazu gemacht.
Die Gesellschaften unserer Welt beschäftigten sich seit ewig mit dem Thema von gut und böse und du hast dich schon oft gefragt, ob du deinen Narzissen nicht ändern kannst, es oder sie müsste doch einsehen, wie schön das Leben wäre, mit gegenseitigem Mitgefühl, Verständnis und Liebe. Die Realität ist, das ein Narzisst keine Leibe empfinden kann. Und das ist unabänderlich. Du kannst dich nur von ihm enthalten, ihm deine Energie entziehen. Und das gilt für das Böse generell. Du kannst nicht gegen das Böse kämpfen, aber du kannst ihm seine Energie entziehen, indem du dieses Spiel nicht mehr mitmachst. Dazu musst du aber wirklich verstehen und fühlen, was ein Narzisst, eine Narzisstin ist.
Die folgenden Informationen können dir helfen, zu verstehen, warum ein Narzisst zu dem geworden ist, was er oder sie ist, lass dich aber nicht dazu verleiten, es zu verstehen, in dem Sinn, das du Ihm oder ihr helfen kannst. Das ist nicht der Fall. Halte dich fern, entziehe dich, NO CONTACT.
Narzisstische Wut
Narzisstische Wut sollte eigentlich narzisstischer Zorn genannt werden, denn mit den Basisemotionen hat er nichts zu tun. Wut als Basisemotion ist etwas positives, mit der wir uns Gehör verschaffen können, uns positionieren können, uns aus Unterdrückung befreien können.
In nicht so gutem Fall ist Wut ein Ausdruck kindlicher Erfahrungen, in die wir regressiv zurückfallen. Eine Situation triggert alte Situationen aus unserer Kindheit und wir fühlen uns in diese Situation zurückversetzt und regieren entsprechend.
Narzisstischer Zorn hat aber noch eine ganz andere Motivation: Er dient der Aufrechterhaltung des eigenen Selbst. Selbst in Situationen die überhaupt keine Gegenwehr erfordern würden, wird das Mittel des Zorns eingesetzt um das eigene Ich zu rechtfertigen und zu stabilisieren.
Das verdeutlicht wohl am besten ein Beispiel: Eine narzisstische Persönlichkeit fährt Fahrrad (aus welche Gründen auch immer…), nun kommt ihm oder ihr ein Autofahrer in die quere. Er wird aufs übelste beschimpft. Warum?
Der Autofahrer muß als etwas anderes, als das was ich tue negiert werden, vernichtet werden, weil alles was anders ist als ich, einen Angriff auf meine Identität darstellt. Das Selbstbild eines Narzissten ist etwas sehr fragiles, konstruiertes, und muss deshalb immer wieder bestätigt werden. Es gibt kein nebeneinander: Du bist wie du bist, ich bin wie ich bin. Ein Anderssein wird als Angriff auf die eigene Identität verstanden, da diese so fragil und verletzlich ist, nicht aus dem wirklichen Sein entspringt. So ist der narzisstische Zorn immer ein Zorn mit Vernichtungswillen, du oder ich, du kannst nicht anders sein, weil ich dann nicht mehr existiere.
Man muß verstehen, das es sich hier aus der Sicht eines Narzissten wirklich um die Existenz dreht, Andersartigkeit wird als Existenzbedrohend empfunden. Die Bedrohung des Egos, und das ist nichts anderes als die Vorstellung, die wir selbst von uns selbst haben und unsere Sicht der Welt, ist das absolut wichtigste, aus der Sicht unserer Existenz. Menschen die unter schweren psychischen Störungen wie Schizophrenie leiden, somatisieren oft, bis hin zu lebensbedrohlichen Krankheiten wie Krebs, mit denen das Ich sich dann beschäftigen kann, abgelenkt wird von der psychische Bedrohung. Alles ist besser, als das Bewußtsein zu verlieren, und unser Geist interpretiert Ego als Bewußtsein. Das dieses falsche Ego-Bewußtsein nicht das wahre Selbst ist, kann ein Narzisst nicht realisieren und auch fast alle anderen Menschen können das nicht. Der Unterschied ist nur, das einige „normale“ Menschen mit ihrem Ego näher an der Realität sind.
Narzissischer Zorn ist also immanent (immer vorhanden) bei narzisstisch gestörten Menschen. Ob er sich in offensichtlich aggressivem Verhalten oder in defizileren Verhaltensweisen wie Schweigebehandlung, Manipulation oder Triangulation ausdrückt, ist unerheblich.
Ist einem Narzissten das bewußt?
Kein Mensch kann in den Kopf eines anderen schauen, aber eine gute Erklärung liefert der bekennende Narzisst H.G. Tudor.
Er teilt Narzissten in 3 Klassen auf: Lesser, Middle und Higher:
Lesser sind sich ihres so seins nicht bewußt. Sie handeln emotional, ohne sich bewußt zu sein, welches die Gründe sind.
Middle sind sich schon bewußt, was sie tun, rechtfertigen es aber vor sich und ihrer Umwelt mit diversen Argumenten.
Higher sind sich voll bewußt, was sie tun, sagen es nur nicht.
Aus der Sicht eines Narzissten
Tudor unterteilt Narzissten in ihrem Verhalten noch auf einer 2. Ebene, was die Intelligenz betrifft: Weniger intelligente Narzissten sind aggressiver, höher intelligente manipulativer, kurz ausgedrückt. Wer hier nähere Informationen haben möchte, sehe sich auf seinem Blog um: H.G. Tudor. Eine im übrigen hoch informative Seite mit schier unüberschaubarem Inhalt, aus der Sicht eines Narzissten, streckenweise nur schwer auszuhalten.
Es gibt auch ein Youtube Interwiew auf englisch das hier zu sehen ist.
Wir versuchen immer zu verstehen was und warum Dinge passieren, Menschen sind wie sie sind, wir versuchen eine Erklärung für das was um uns herum geschieht zu erhalten. Um Sicherheit zu erlangen, Sicherheit für unser Leben, unsere Sicht der Dinge. Das ist normal und verständlich. Narzissmus zu verstehen, ist für einen nicht-Narzissten sehr schwer. Es ist einfach eine völlig andere Art die Welt und sich selbst zu sehen. Es ist aber letztlich auch nicht notwendig. Es reicht die Erkenntnis: Er/Sie tut mir nicht gut. Aber leichter gesagt als getan, deshalb machen wir einfach weiter!
Textauszug, H.G. Tudor
Es ist bekannt, dass unsere Art durch das Tragen von Masken funktioniert. Wir haben gelernt, wie wir jene Emotionen darstellen können, die wir nicht fühlen. Wir haben festgestellt, dass von uns erwartet wird, dass wir in bestimmten Situationen in einer bestimmten Weise reagieren. Wir wissen, dass wir durch das Anlegen einer bestimmten Maske eher charmant und verführerisch sind. Wir sind uns bewusst, dass die Aufrechterhaltung einer bestimmten Maske die bösartige Bosheit, die darunter lauert, unter Kontrolle gehalten werden kann, damit wir Akzeptanz und die Einhaltung unserer Tagesordnungen erreichen. Es gibt Anlässe, bei denen wir dir einen Einblick in das geben, was unter dieser Maske liegt. Ich beziehe mich nicht darauf, wann wir die Maske abnehmen und dich einer Abwertung aussetzen. Das ist eine zielgerichtete und beabsichtigte Handlung unsererseits. Ich erwähne nicht, wann die Maske infolge der Auslösung unserer Wut bricht und der kleinere und mittlere unserer Art nicht in der Lage ist, die Maske an Ort und Stelle zu halten, so dass die entzündete Wut ausbricht und das bösartige Tier entfesselt wird. Es gibt jedoch Anlässe, bei denen wir Ihnen einen flüchtigen Blick unter die Maske geben, was sich dahinter verbirgt. Dies wird während der Verführungsphase geschehen. Manchmal ist es eine Folge der Wirkung eines bestimmten Mittels, wie z.B. Alkohol. Manchmal, besonders bei den Größeren unserer Art, geschieht dies als bewusste Handlung, um Ihre Reaktion zu messen. In einem solchen Fall sagen wir Ihnen, was vor Ihnen liegt, um zu sehen, ob Sie auf den Vorschlag hin scheuen, oder ob Sie eher sympathisch oder sogar leugnend reagieren.
Ich muss nicht sagen, das Tudor sich für einen „Higher“ hält oder?
Narzissmus
Es gibt sicherlich keine anderes psychisches Phenomen, das so kontrovers behandelt wird, wie der Narzissmus.
Freud hat den pathologischen Narzissmus wohl als erster psychologisch analysiert und als eine frühkindliche Störung definiert. Er unterscheidet zwischen dem primären Narzissmus ans eine Narzisstische Phase (2. Lhj.) die zur gesunden Entwicklung eines jeden Menschen unabdingbar ist: Das Kind entdeckt den eigenen Körper und entwickelt dabei Lustgefühle (Autoerotismus). Dieses Verhalten ist die Urform der Selbstliebe (Narzissmus). Störungen in dieser Phase können im Erwachsenenalter zu Verminderung des Selbstvertrauens und der Selbstachtung führen. (Stangl, 2019). und dem sekundären Narzissmus, der im Erwachsenenalter auftritt.
Der primäre Narzissmus ist wissenschaftlich vielfältig belegt und eine nicht gegebene Bestätigung dieser Phase durch Bezugspersonen des Kindes als Ursache einer Störung im Erwachsenenalter anerkannt.
Wenn auch Freuds Modell der Liebesbedürftigkeit des Kindes hin zu einer gesunden Selbstliebe über eine frühe Form der Sexualität nicht unwidersprochen ist: Michael Balint, konzipierte den primären Narzissmus 1965 als das Bedürfnis des Säuglings, geliebt zu werden. Die Frustration dieser Liebe führt nach Balint entweder zu sekundärem Narzissmus oder zu aktiver Objektliebe, die das Kind erlernt, um wiederum selbst geliebt zu werden. Aber das soll hier nichts zur Sache tun. Siehe weitere Erklärung
Danach scheiden sich die Geister: Freud selbst hat seine Definition des sekundären Narzissmus oft revidiert, um eine Unterscheidung deutlicher zu machen.
Soweit, so richtig, ist der pathologische Narzissmus als eine Persönlichkeitsstörung definiert worden, ist aber nach Freud immer wieder sehr kontrovers in der Fachwelt behandelt worden. Es gibt da die Definition des gesunden Narzissmus bis hin zur schweren Persönlichkeitsdeformation: Mehrdeutigkeit und Vagheit
Oft wird Narzissmus als ein gleitender Übergang von einem gesunden Persönlichkeitsanteil zu einer krankhaften Selbstbezogenheit und Geltungssucht beschrieben.
Wenn die kindliche Phase des primären Narzissmus optimal befriedigt wurde, denke ich, sollte hier nicht mehr von Narzissmus gesprochen werden, sondern von einem gesunden Selbstwertgefühl, das sich hieraus entwickelt.
Der Erwachsene versucht, die als Kind nicht erhaltene narzisstische Bestätigung nachzuholen. Er kompensiert den Mangel mit Strategien wie:
- Selbstidealisierung – im Sinne eines überhöhten Selbstwertgefühls und einer überzogenen Selbsteinschätzung. Der Narzisst hat ein grandioses Verständnis der eigenen Wichtigkeit und glaubt von sich, „besonders“ und einzigartig zu sein.
- Fremdabwertung – im Sinne einer Verachtung und aktiven Herabsetzung des anderen, das zu einer Kooperationsunfähigkeit führt. Der Narzisst zeigt deswegen eine Gier nach Bewunderung, legt ein Anspruchsdenken an den Tag, ist ausbeuterisch, unwillig zur Empathie, neidisch und arrogant.
- Selbstimmanenz – als Gegensatz zur Selbsttranszendenz bei Victor Frankl und Robert Cloninger. Der Narzisst kann sich für kein höheres Ideal begeistern außer für sich selbst. (Wikipedia)
Dies hat aber letztlich nichts mehr mit der von Freud beschriebenen kindlichen Entwicklungsphase zu tun, sondern ist nur noch eine Kompensierungsstrategie.
Analog hierzu hat Alexander Lowen in seiner Charaktertypenbeschreibung den Begriff kompensiert Oral geprägt.
Otto F. Kernberg und Heinz Kohut sind nach Freud die beiden bekanntesten Psychoanalytiker, die sich mit der narzisstischen Störung auseinandergesetzt haben.
Kernberg verstand den pathologischen Narzissmus als die Folge einer Erziehung durch empathielose, emotional eigennützige Eltern, die dem Kind mit Ablehnung und Kälte begegnen und ihm ihre Aufmerksamkeit nur dann schenken, wenn dies ihren eigenen Bedürfnissen entspricht.
Kohut sieht hingegen die narzisstische Persönlichkeitsstörung als eine fehlgeschlagene Wendung innerhalb einer normalen Entwicklung. Während der Narzissmus im Normalfall eine Art Motor dafür ist, über die frühkindliche Identifikation mit den idealisierten Eltern einen realistischen Ehrgeiz auf der Basis realistischer Zielsetzungen entstehen zu lassen, bleibt dieser Prozess im pathologischen Fall unvollendet, da hier das Kind die ablehnenden Eltern nicht ausreichend idealisiert und infolgedessen bestimmte Fähigkeiten der Selbstregulierung nicht erlangt.
Wie so oft, gibt es kein entweder oder. Wahrscheinlich haben beide recht…. obwohl ich aus eigener Erfahrung sagen würde, das das Verhältnis Kernberg zu Kohut 80% zu 20% beträgt).
Gibt es einen guten, einen gesunden Narzissmus?
Raphael Maria Bonelli betont, dass jeder narzisstische Anteile habe, die meist unbewusst, aber doch erkennbar und veränderbar seien. Narzissmus sei bis zur Diagnose der narzisstischen Persönlichkeitsstörung ein Kontinuum, aber es gebe keinen guten oder gesunden Narzissmus (wie etwa Alice Miller postuliert hat). Bonelli grenzt den Narzissmus vom Perfektionismus ab: während der Perfektionist selbstunsicher und ängstlich um sich kreise und in die Maske des Perfekten schlüpfe, um zu gefallen, sehe sich der Narzisst aufgrund der Selbstidealisierung und Fremdabwertung den anderen grenzenlos überlegen.
(Kritik: Bonelli schreibt weiter: „Die Selbstidealisierung – also die überzogene Selbsteinschätzung – bekämen Kinder von übertrieben lobenden Eltern mit, wie moderne empirische Forschungsergebnisse bewiesen. Für die Theorie der kalten, feindseligen Eltern (Otto F. Kernberg) gebe es hingegen keinen empirischen Hinweis.“, (was mit Sicherheit anzuzweifeln ist.)
Das Problem ist natürlich auch, wie ich denn eigentlich Narzissmus definiere. Für mein Vertändnis ist das Bild des Narzissmus immer ein Selbstwert, der gar keinen echten Selbstwert darstellt sondern auf einer Lüge gründet: Ich bilde mir ein, etwas zu sein, von dem ich denke, das es einen Menschen mit Wert darstellt.
Diese Grundhaltung ist narzisstisch, im Gegensatz zu einem Menschen, der sich bestmöglich erkannt hat, und sich (weitestgehend) so akzeptiert, wie er ist. Und diese psoitive Haltung zu sich selbst hat überhaupt nichts mit Narzissmus zu tun (wird aber gern mit ihm in einen Topf geworfen)!
Weitere Sekundärstörungen, die im Zusammenhang mit einer narzisstische Störung auftreten können:
Narzissmus und Hypochondrie
Aus psychoanalytischer Sicht „verhält sich der Betroffene so, als ob er den „Feind“, also das, was er nicht sein will, im eigenen Körper entdeckt habe“. So finden sich hypochondrische Befürchtungen bevorzugt bei narzisstischer (selbst-verliebter – siehe Narzissmus) und aggressiver Einstellung. Das „Böse“ wird aber nicht nach außen, sondern in den eigenen Körper projiziert. Das hat nicht nur negative Folgen, sondern kann auch Krankheitsgewinn bedeuten (z.B. mehr Zuwendung fordern, aggressive Neigungen ungestraft ausleben, oder Unannehmlichkeiten aus dem Wege zu gehen usw.) (psychosoziale-gesundheit.net)
Narzissmus und Zwangsstörungen
Die häufig Ich-dominierende und narzisstisch geprägte Persönlichkeitsstruktur Zwangserkrankter lässt Beziehungen nur schwerlich in einem notwendigen Mittelmaß an Gleichberechtigung gedeihen. Die Ausgangslage erweist sich daher für Betroffene als besonders schwierig. Der Zwang ermuntert daher nahezu reizvoll auch zu größerer Gelassenheit, nicht nur im Bezug auf das wichtig Nehmen der eigenen Person.(…) Konfliktenthaltung: Zwänge helfen nicht nur, innere Konflikte zu überdecken. Sie fungieren auch als Mantel, der vor weiteren Verletzungen abschirmt. Zwangserkrankte scheinen nur dann aus der Bahn zu bringen zu sein, wenn Außenstehende in ihr Konzept der klar geregelten Rhythmen eingreifen. Gerade Angehörige, die sich über die richtige Form des Helfens unsicher sind, gelangen so rasch in Konflikte mit dem Betroffenen, weil sie Grenzen überschritten haben, die lediglich der Erkrankte selbst als für ihn erkennbare definiert. In solchen Momenten scheuen sich auch die Betroffenen nicht vor Konfrontationen. Gleichzeitig lassen die Zwänge die Erkrankten gegenüber Konflikten von außen steril und unnahbar wirken. So ermöglichen die Zwänge auch eine Enthaltung und einen Vorwand der Betroffenen bei Auseinandersetzungen und werden damit ihrem sicher langfristig in Frage zu stellenden Schutzfaktor gerecht. Zudem verhindern die Zwänge damit aber auch eine gesunde Dialogbereitschaft und hemmen die Kritikfähigkeit der Betroffenen, die auf geringste Anfeindungen introvertierter oder vehementer reagieren als Andere: Die Funktionalität des Zwangs
Narzissmus in der Gesellschaft
Der antike römischer Dichter Ovid beschreibt vor 2000 Jahren in seiner Geschichte von Narziss schon dieses Phänomen und es hat sicher schon weit vorher existiert.
Narzissmus ist natürlich nicht die einzige Persönlichkeitsstörung, die den Betroffenen des Leben schwer macht, aber wohl diejenige, die die Gesellschaft am meisten negativ beeinflusst hat. Das unsägliche Leid, das wir Völkern und der Natur angetan haben im Zuge von Kolonialisierung, ist sicherlich narzisstisch geprägt gewesen. In seinem Buch Herz der Finsternis beschreibt Joseph Conrad 1899 eindringlich, wie Menschen, die bar jeden Mitgefühls anderen Menschen gegenüber im kolonialen Afrika ihre egozentrischen Interessen verfolgen.
Viele persönlichkeitsgestörte Menschen werden, wie z.B. im Buch Emotionale Vampire von Albert J. Bernstein als Energieräuber beschrieben. Was er (und viele andere Auoren) damit meint, ist das die persönliche Selbstregulierungsfähigkeit eines Menschen gestört ist. Ich muß andere Menschen manipulieren, um mich gut zu fühlen. Als da wären: Menschen die andere dazu zwingen, sich ihre Probleme anzuhören, Menschen brauchen denen sie helfen können, Macht über andere spüren müssen, Grenzen anderer nicht zu respektieren usw.
Manipulation entzieht dem Gegenüber Energie, die dem Vampir dann zur Verfügung steht. Er kann sie nicht aus sich selbst heraus generieren.
Die bisher beschriebenen Charaktere generieren Ihre Energie extrovertiert. Das Außen soll dafür Sorge tragen, das es ihnen gut geht, das der in der Kindheit erlittene Mangel kompensiert wird.
Die andere Art der Kompensation sind die introvertierten Charaktere, die depressiven Persönlichkeitsstörungen. Depressiv bedeutet in diesem Sinn nicht pathologisch Depressiv, sondern die Problemverarbeitung nach innen. Ein zumeist geringes Selbstwertgefühl. Die Glaubenssätze sind hier: Was habe ich falsch gemacht, wenn es Probleme mit anderen Menschen gibt, ich bin nicht gut genug, ich bin anders, keiner will mich usw.
Das persönliche Leiden von Menschen, die nicht aufgrund negativer Kindheitserfahrungen ihre Umwelt drangsalieren, sondern es nach innen richten, ist enorm und ich möchte mich gern hier hauptsächlich damit beschäftigen.
Michael Balint prägte den Begriff der „primären Objektliebe“ (meistens zur Mutter) und der „Grundstörung“. Die „Grundstörung“ entsteht, wenn die primäre Liebe gestört ist.
Nach Balint erfolgt die Entwicklung von einer primitiven Form der (egozentrisch erlebten) Liebe zu einer erwachsenen Form der Liebe, bei der neben der eigenen Bedürfnishaftigkeit auch die Einfühlung in die Bedürfnisse und Erwartungen der geliebten Person tritt: Aus der archaischen Selbst-Selbstobjektbeziehung wird eine reifere Form der Selbst-Selbstobjektbeziehung. Balint ging außerdem davon aus, daß das Kind nicht nur geliebt werden will, sondern auch auf seine kindliche Art und Weise lieben will. Gelingen Ausdruck und Austausch der “primären Liebe”, leben Mutter und Kind in “harmonischer Verschränkung” – in einer harmonischen, einander durchdringenden Verschränkung wie der ”Fisch im Meer”. Es sei sinnlos, danach zu fragen, ob das Wasser in den Kiemen Teil des Meeres oder Teil des Fisches sei. Mißlingt die “primäre Liebe”, entstehe eine “Grundstörung”, die bei jeder schweren psychischen und psychosomatischer Erkrankung anzutreffen sei. [2]
Versagen der primären Liebeswünsche führen zu lauten und heftigen Reaktionen von Zorn, Wut und Aggression und wenn sie von Dauer sind, oder sich wiederholen, Gefühle von Unsicherheit und Wertlosigkeit in der seelischen Struktur chronisch verankern. Bei solchen frühen und immer wiederkehrenden Versagenserlebnissen entstehen Formen suchtartigen Verlangens und unerschöpflicher Gier. [1]
Was bedeutet nun eine gelungene primäre narzisstische Befriedigung? Hierzu Bailant[3]: „Primäre Liebe ist eine Beziehung, in der nur der eine Partner (das Kind) Forderungen und Ansprüche stellen kann; der oder die anderen, nämlich die ganze Welt, dürfen keine eigenen Interessen, Wünsche oder Ansprüche geltend machen. Vollständige Harmonie herrscht und muß herrschen; das heißt volle Identität von Wunsch und Befriedigung.“
Bailant beschreibt weiter die lustvolle Regression des Erwachsenen in diesen frühkindlichen Narzissmus: „Wir müssen immerhin bemerken, das hinsichtlich des Ausmaßes, in dem die einzelnen Individuen fähig sind, auf diesen Genuß dieser Art von Vergnügungen zu regredieren, erhebliche Unterschiede bestehen: Manche schwelgen geradezu in diesen Möglichkeiten (…) während andere uninteressiert bleiben oder sich gar gelangweilt oder angewidert abwenden.“
Er beschreibt diese beiden Menschentypen als den Oknophilen und den Philobaten. Ersterer ist dadurch gekennzeichnet, daß der Mensch sich an seine Liebesobjekte anklammert und in dieser Anklammerung Schutz und Wonne des Gehaltenseins sucht, zugleich aber beständig gepeinigt wird von der Angst, das Liebesobjekt zu verlieren. Die Zweite zielt darauf ab, die Objekte zu wechseln, sich von ihnen zu lösen. Bailant weist nach, das beiden Verhaltensweisen dasselbe Trauma zugrunde liegt, nämlich die Loslösung vom geliebten Urobjekt, der primären Liebe der Mutter, sowie der Wunsch, dieses Trauma zu überwinden.
1. Martin Altmeyer: Narzissmus und Objekt: ein intersubjektives Verständnis der Selbstbezogenheit S.81
2. Mertens, W. (1998). Psychoanalytische Grundbegriffe
3. Bailant, Angstlust und Regression: S.19
Mir fehlt der Blick auf die verdeckte Bedürftigkeit von Narzissten, ohne etwas davon beschönigen zu wollen. Letztendlich haben Narzissten in der Kindheit eine Schutzstrategie entwickelt, die es Ihnen möglich macht, mit boshaftem Verhalten (der Mutter/Vater) in Kontakt bleiben zu können, ohne vor Angst zu sterben. Ich selbst war Opfer von Narzissmus und denke, dass Kontaktabbruch oft der einzige Weg ist. Narzissten aber als Vampire zu bezeichnen läuft Gefahr, die Menschlichkeit, die ihnen nicht zur Verfügung steht, selbst zu verlieren. Oder wie Buddha schreibt: „Die Menschen geben ihre Gaben gemäß ihrem Vertrauen und ihrer Neigung. Wenn du daran Anstoss nimmst, was die anderen an Gaben erhalten. so wirst du weder am Tag noch in der Nacht jemals die Sammlung des Geistes erlangen.